Gegen die Einsamkeit
Werner P. hat seit seine Frau verstorben ist nur noch wenig soziale Kontakte. Seine Tochter ist beruflich stark engagiert und oft im Ausland. Doch Werner P. fand einen Weg, sich wieder vermehrt auszutauschen und auch sportlich wieder aktiver zu werden.
«Wofür habe ich überhaupt noch ein Telefon, es ruft mich ja doch niemand an.»
Werner P.
„Wofür habe ich überhaupt noch ein Telefon, es ruft mich ja doch niemand an.“ Seit die Frau von Werner P. gestorben ist, klingelt es bei ihm zu Hause tatsächlich nur selten. Und auch er greift nur zum Hörer, wenn er etwas erledigen muss. Margrit, seine Frau, hatte lange Gespräche mit ihren Freundinnen geführt, sie hatte auch Verabredungen mit Freunden und Verwandten organisiert. „Sie war zuständig für unsere sozialen Kontakte, mir liegt das halt weniger.“ meint Herr P. Zusammen waren sie auch manchmal ins Theater oder in ein Konzert gegangen. „Alleine kann ich mich dazunicht mehr aufraffen.“ Manchmal vergehen Tage ohne dass Herr P. mit jemandem spricht. Wenn er dann in der Bäckerei ein Brot verlangt, krächzt seine Stimme. Immerhin spricht er jeden Sonntag mit seiner Tochter, Nadja, über Skype. Sie ist beruflich viel unterwegs und meldet sich manchmal von Hamburg oder von Stuttgart. Konferenzen, Meetings, Herr P. versucht sich vorzustellen, wie Nadjas Leben so ist. Von sich hat er in den Gesprächen meist wenig zu erzählen.
«Als ich das las, wurde mir bewusst, dass sich dieses Angebot an Menschen wie mich richtet - dass ich einsam bin. Das war ein ziemlicher Schock.»
Werner P.
Zum Zeitvertrieb klickte sich Herr P. einmal durch den Angebotsfinder auf Franz & Vroni. Dabei stiess er auf malreden. Auf der Hotline könne man plaudern, erzählen oder diskutieren. Die Gespräche seien anonym, vertraulich und kostenlos und richteten sich an Menschen, die sich alleine fühlten oder einsam seien. „Als ich das las, wurde mir bewusst, dass sich dieses Angebot an Menschen wie mich richtet - dass ich einsam bin. Das war ein ziemlicher Schock.“ Herr P. notierte sich die Telefonnummer, einfach mal so. An einem trüben Nachmittag fasste er sich dann ein Herz. „Ich wählte die Nummer, ohne lange nachzudenken.“ Es entstand ein gutes Gespräch. Werner P. merkte, dass er als ehemaliger Lehrer doch zu vielem eine Meinung hatte. „Es gäbe auch das Tandem, dabei telefoniert man einmal pro Woche immer mit der gleichen Person. Vielleicht mache ich das dann auch einmal.“
«Etwas hat sich verändert, ich habe gemerkt, dass ich nicht warten kann, bis sich jemand für mich interessiert. Ich muss selber aktiv werden. Der erste Schritt war schwer, aber er hat sich gelohnt.»
Werner P.
In einem weiteren Gespräch erinnerte sich Werner P., dass er früher im Turnverein aktiv gewesen war. Während der Krankheit seiner Frau hatte er vieles aufgegeben. „Ich wollte ganz für sie da sein.“ Vielleicht könnte er ja wieder etwas Bewegung in seinen Alltag bringen. Eine weitere Suche auf älterwerden-fricktal.ch brachte eine Vielzahl an Bewegungsangeboten zu Tage. „Ich wusste gar nicht, dass die Region Fricktal so sportlich ist.“ Werner P. geht jetzt einmal in der Woche in ein Seniorenturnen für Männer. Manchmal gehen sie danach noch etwas trinken, manchmal geht jeder wieder nach Hause. „Ja nachdem wie anstrengend das Training war,“ meint Herr P. und schmunzelt. „Etwas hat sich verändert, ich habe gemerkt, dass ich nicht warten kann, bis sich jemand für mich interessiert. Ich muss selber aktiv werden. Der erste Schritt war schwer, aber er hat sich gelohnt.“
«Bei malreden rufen ältere Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten an. Mit manchen plaudern wir bereits wie mit alten Bekannten. Für andere ist es wichtig, dass sie auch belastende Themen ansprechen können und ihnen jemand zuhört. So hören wir am Telefon schöne Geschichten über frühere Arbeitsplätze, erfahren Erlebnisse mit nervenden Nachbarn oder hören zu, wenn jemand von persönlichen Problemen erzählt. Wir begegnen am Telefon einer grossen Vielfalt an Menschen, was eine grosse Bereicherung ist.»
Eve Bino, Co-Geschäftsleiterin malreden