Mit dem Sozialhund zu Besuch im Pflegeheim
Wenn Tiras durch den Korridor tollt, rückt der Alltag in den Hintergrund. Manuela Hägi, 47, und Königspudel Tiras, 6, sind regelmässig im Pflegeheim des Gesundheitszentrums in Laufenburg zu Gast. Tiras ist ein ausgebildeter Sozialhund. Ein Augenschein bei einem der Besuche zeigt, wie sehr die Bewohnerinnen und Bewohner das Duo ins Herz geschlossen haben – und weshalb Halterin Manuela Hägi auch mal ein Auge zudrückt.
Für ein paar Minuten verwandelt sich der Korridor im Pflegeheim des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF) in Laufenburg in einen Hundespielplatz. Königspudel Tiras tollt einem Plüschknochen hinterher, den ein Bewohner gerade in hohem Bogen durch den Korridor geworfen hat. Es ist Mittwochmorgen im Pflegeheim – Zeit für den Besuch von Manuela Hägi und ihrem Sozialhund Tiras. Der Pudel bringt den Knochen zurück, der Bewohner lacht vergnügt.
Seit drei Jahren besuchen Manuela Hägi, 47, und Tiras, 6, einmal wöchentlich die Bewohnerinnen und Bewohner im Pflegezentrum. Und die haben das Duo schnell ins Herz geschlossen.
Das zeigt sich gleich beim ersten Besuch an diesem Tag: Der Herr hat extra seinen Butterkeks vom morgendlichen Kaffee aufgehoben – Tiras dankt es, indem er ihm den Keks brav aus der Hand frisst. Manuela Hägi lacht: «Ja, manchmal muss ich bei der Ernährung ein Auge zudrücken.» Und Tiras muss abends nach dem Einsatz im Pflegeheim auf einen Teil des Nachtessens verzichten. Das nämlich reduziert Hägi, damit der Pudel nicht zunimmt.
Manuela Hägi hat sich mit den freiwilligen Einsätzen im Pflegeheim des GZF einen Traum erfüllen können. «Ich verbringe gerne Zeit mit älteren Menschen», sagt sie. Und sie habe «noch nie ohne einen Hund» gelebt. Hägi wuchs in einem Haushalt mit Vierbeinern auf, hatte als junge Erwachsene und auch, als sie selbst eine Familie gründete und während ihre Kinder aufwuchsen, stets Hunde.
Als sie sich für einen Königspudel entschied, sei deshalb bereits klar gewesen, dass sie ihre beiden Leidenschaften verbinden möchte – und so absolvierte sie mit Tiras die mehrmonatige Ausbildung zum Sozialhund an der Schweizerischen Schule für Blindenführhunde in Allschwil BL. Seit drei Jahren besucht sie nun das Pflegeheim des GZF in Laufenburg und sagt: «Es bringt unglaublich viel Freude. Wenn wir kommen, strahlen die Bewohnerinnen und Bewohner.»
Manuela Hägi passt die Besuche mit Tiras dabei den Bedürfnissen der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner an. Manchmal begleitet sie mit dem Pudel einen Spaziergang, ein anderes Mal wird im Korridor gemeinsam gespielt – dann wiederum ist es auch einfach eine Kuschelrunde im Bett, die für ein Lächeln sorgt.
«Wenn er das Mäntelchen anhat, ist er im Einsatz»
Manuela Hägi
Tiras sei ein sehr lebhafter und aufgeweckter Hund – wenn sie ihm sein blaues Mäntelchen mit der Aufschrift «Sozialhund» überstreife, wisse er aber, dass jetzt der Einsatz beginne und sei entsprechend konzentriert, erzählt Manuela Hägi. In der Ausbildung hat der Pudel gelernt, sich nicht nur von ihr gerne anfassen zu lassen. Oder auch sich älteren Menschen Dinge auf den Schoss zu legen und nicht nervös zu werden, wenn mehrere Bewohnerinnen und Bewohner gleichzeitig nach ihm rufen.
Er sei ausserdem sehr sensibel, sagt Hägi und streicht ihm über den wuscheligen Kopf. «Tiras spürt instinktiv, wie er sich den Bewohnerinnen und Bewohnern gegenüber verhalten soll und was er tun kann, damit sie sich wohlfühlen.» Manchmal ist es nur ein feines Abschlecken der Hand – und der Alltag tritt für einen Moment in den Hintergrund.
Dabei spürt Manuela Hägi bei jedem Besuch, welche Wirkung Tiras auf die Bewohnerinnen und Bewohner hat. Umgekehrt machten die Einsätze auch Tiras Spass – nicht nur weil er da auch mal einen Butterkeks schnabulieren darf. «Er ist ein intelligenter Hund und gerne gefordert», sagt sie mit einem Lachen. Ihre Einsätze im Pflegeheim des GZF absolviert sie freiwillig, aber sie sagt: «Auch ich bekomme den grössten Lohn, denn die Bewohner und Bewohnerinnen geben mir so viel zurück.»